Derek
„Letter to an Angel“ ist ein Brief überschrieben, den Tilda Swinton am 17. August 2002 an Derek Jarman gerichtet hat. Acht Jahre nach dessen Tod schildert sie darin die Begeisterung, die die DVD-Veröffentlichung von Jarmans frühem Film JUBILEE (1977) bei ihr ausgelöst hat. Verbunden damit sind Erinnerungen an den Regisseur, mit dessen Filmen ihre eigene Karriere begann: „Du warst in der Tat der große Filmemacher der Thatcher-Ära. Denn jeder 200.000 Pfund teure Film, den Du drehtest, brachte (wem auch immer) bereits in weniger als zwei Jahren Gewinne ein.“
Tilda Swintons Brief steht am Anfang dieser filmischen Rückschau auf Leben und Werk Derek Jarmans. Im Zentrum steht ein Interview, das der Produzent und Autor Colin MacCabe 1990 mit ihm geführt hat und in dem der an Aids erkrankte Regisseur auf seine Arbeiten Rückschau hält. Zugleich erzählt der Film eine Geschichte Englands von den 60er bis zu den frühen 90er Jahren. Denn Derek Jarmans Biografie und die Ausschnitte aus seinen Filmen illustrieren auch einen vielfachen kulturellen Wandel.
Als Jarman 1960 aus Middlesex nach London kam, um am King’s College Kunst und Literatur zu studieren, war von der bevorstehenden Ära des „Swinging London“ noch nicht viel zu spüren. Als er Anfang der 70er Jahre seine ersten experimentellen Super8-Filme drehte, nahm er damit schon vieles vorweg, was in der zweiten Hälfte der 70er als Punk die Ästhetik ein weiteres Mal revolutionieren sollte. Über mehr als zwei Jahrzehnte war Jarman der ausschlaggebende Regisseur des britischen Independent-Kinos. Isaac Julien, der sich von Jarmans Filmen zu seinen eigenen Arbeiten inspirieren ließ, und Tilda Swinton, Jarmans „Muse“ und enge Mitarbeiterin, bringen mit DEREK den Sturm und Drang dieser Dekaden noch einmal auf die Leinwand.
Details
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Länge
76 min -
Land
Großbritannien -
Vorführungsjahr
2008 -
Herstellungsjahr
2008 -
Regie
Isaac Julien -
Mitwirkende
Tilda Swinton, Derek Jarman, Isaac Julien -
Produktionsfirma
JN Films Ltd -
Berlinale Sektion
Panorama -
Berlinale Kategorie
Dokumentarfilm -
Teddy Award Gewinner
Special Teddy Award
Biografie Isaac Julien
Isaac Julien wurde 1960 in London geboren. Er schloss 1984 sein Studium an der St. Martin's School of Art ab, wo er Malerei und Kunstfilm studierte. Er gründete das Sankofa Film- und Videokollektiv und war 1999 Gründungsmitglied von Normal Films. Er erhielt den Semaine de la Critique Preis beim Filmfestival in Cannes und wurde mit einem Rockefeller Humanities Fellowship Award, dem Pratt and Whitney Canada Grand Prize, einem Andy Warhol Foundation Award, dem Grand Jury Award der KunstFilmBiennale, Köln, und einem Ford Foundation Award ausgezeichnet. Er hat im Musée National d'Art Moderne, Centre Georges Pompidou, Paris; Museum Boijmans Van Beuningen, Rotterdam; Art Pace, San Antonio, Texas; FACT, Film Art & Creative Technology, Liverpool, England; Museum of Contemporary Art, Chicago, und Studio Museum of Harlem, New York, ausgestellt. Seine Filminstallationen und Fotografien wurden im Whitney Museum of American Art, New York; Tate Liverpool, England; Museum of Contemporary Art, Chicago; P.S.1 Center for Contemporary Art, New York; Irish Museum of Modern Art und Helsinki Museum of Contemporary Art gezeigt. Seine Filme wurden u.a. auf der Biennale Dakar, Senegal, dem Jeonju International Film Festival, Korea, dem Rotterdam Film Festival, Niederlande, dem Moderna Museet, Stockholm, und der Tate Britain, London, gezeigt.
Filmografie Isaac Julien
1991 Young Soul Rebels | 2010 Better Life | 2013 Playtime | 2015 Stones Against Diamonds | 2019 Ghost of Lina Bo Bardi
Biografie Derek Jarman
Geboren 1942, gestorben 1994. Er studierte Malerei, arbeitete als Kostüm- und Bühnenbilddesigner beim Royal Ballet, 1970 als Ausstatter bei Ken Russells THE DEVILS. Mehreren Kurzfilmen folgte 1976 das Spielfilmdebüt SEBASTIANE. 1979 war er mit THE TEMPEST erstmals bei der Berlinale vertreten. Er drehte neben seinen subversiven Kostümdramen und experimentellen Kino-Gedichten ab den Siebzigerjahren viele avantgardistische Musikvideos und engagierte sich in der britischen Öffentlichkeit vehement für die Rechte Homosexueller.