Parajanov - Ein Requiem
Zu Zeiten der Sowjetunion war der armenische Regisseur Sergei Parajanow ein „enfant terrible“ der osteuropäischen Kinos. Seine visuell intensiven Filme und Collagen – die sich meist mit der Bevölkerung des Kaukasus beschäftigen – begeisterten Filmkritiker und cineasten weltweit, stießen aber bei der sowjetischen Führungsschicht auf Missmut, da sie sich nicht den sozialistischen Spielregeln unterwarfen. Mehrmals lehnten die Zensurbehörden Scripts des Regisseurs ab, Arbeitsverbote wurden ausgesprochen und zweimal wurde er inhaftiert, von 1974-78 wegen Propagierung von Homosexualität. Das Parajanow Männer liebte, war den Oberen nämlich ebenfalls ein Dorn in Auge selbst weltweite Proteste von Künstlern konnten die Haftstrafe nicht verhindern. Einen autobiographischen Dokumentarfilm mit der Titel THE CONFESSION konnte der Filmemacher, der 1990 in Armenien gestorben ist, nicht mehr fertig stellen – Material aus diesem Film wird in Ron Holloways Dokumentarfilm Parajanow verwendet, der im Berlinale-Wettbewerb außer Konkurrenz läuft. Die Basis der filmischen Hommage bilden Ausschnitte aus dem letzten Interview parajanows, das er 1988 auf den Münchener Filmfestspielen gegeben hat. Die Gespräche gehen auf die künstlerische Identität des Regisseurs ein und kommunizieren ein Bild der repressiven Arbeitsbedingungen, denen er sich im Sowjet – Regime ausgesetzt sah. Der knapp einstündige Dokumentarfilm ist das fein gezeichnete Porträt eines der großen Filmemacher des zwanzigsten Jahrhunderts und eine Reflexion der repressiven Bedingungen, denen dieser sich in der Sowjetunion ausgesetzt sah.
Details
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Länge
57 min -
Land
Deutschland -
Vorführungsjahr
2007 -
Herstellungsjahr
1994 -
Regie
Ron Holloway -
Mitwirkende
Sergej (Sergei) Paradjanov (Parajanov, Paradzhanov) -
Produktionsfirma
Ö-Film Frank Löprich & Katrin Schlösser Produktion, in coproduction with KINO Productions Dorothea Holloway -
Berlinale Sektion
Special -
Berlinale Kategorie
Dokumentarfilm
Bilder aus dem Film
Biografie Ron Holloway
1933 in Illinois geboren, lebte er seit 1968 in Europa, zunächst in Paris, dann in Hamburg und schliesslich mit seiner Frau, der Schauspielerin Dorothea Moritz-Holloway, in Berlin. Gemeinsam mit ihr gab er seit 1979 die Zeitschrift "KINO Deutscher Film" heraus, die neben einer kontinuierlichen Chronik des deutschen Films einen Überblick über das aktuelle Festivalgeschehen bot - nicht nur aus Berlin, Cannes oder Venedig, sondern auch aus vielen weniger populären, die dennoch unverzichtbare Orte der Wahrnehmung von Filmemachern und Filmkultur sind. Ohne institutionelle Unterstützung entstanden und von Ron und Dorothea auf Festivals kostenlos verteilt, bleibt sie ein außergewöhnliches Zeugnis filmpublizistischer Hingabe. In seinem Hauptberuf arbeitete Holloway für Magazine wie Variety, The Hollywood Reporter, Moving Pictures International und The International Film Guide. Neben dem deutschen Kino galt Holloways besonderes Interesse dem Kino Osteuropas, dem er eine Reihe von Büchern und eine umfangreiche Datenbank widmete. Aus diesem Engagement entstanden auch filmische Porträts der Regisseure Elem Klimov und Sergej Paradjanov.
1959 wurde Holloway in Chicago zum katholischen Priester geweiht, wo er das National Center for Film Study mitbegründete. An der Universität Hamburg promovierte er in Evangelischer Theologie mit seiner Studie "Beyond the Image". Ansätze zur religiösen Dimension im Kino", die er 1977 mit Unterstützung des Ökumenischen Rates der Kirchen veröffentlichte. Sein kirchlicher, theologischer und ökumenischer Hintergrund wurde durch die Zusammenarbeit mit der Internationalen Kirchlichen Filmorganisation INTERFILM, deren Ehrenmitglied er war, fortgesetzt. Er wurde mit dem Bundesverdienstkreuz und der Berlinale Kamera ausgezeichnet und erinnerte damit auch an seine Mitarbeit in der Auswahlkommission des Festivals 1977-1979. Wer Ron Holloway kannte, war beeindruckt von seinem überlegenen Wissen und klaren Urteilsvermögen und tief berührt von seiner persönlichen Sanftheit. Er starb am 16. Dezember 2009 an Krebs.
Biografie Sergej (Sergei) Paradjanov (Parajanov, Paradzhanov)
Einer der größten Meister des 20. Jahrhunderts, Sergej Parajanow, wurde in Georgien als Sohn armenischer Eltern geboren und es war immer unwahrscheinlich, dass sein Werk dem strengen sozialistischen Realismus entsprach, den die sowjetischen Behörden bevorzugten. Nach seinem Film- und Musikstudium wurde Parajanov Regieassistent in den Dovzhenko-Studios in Kiew. 1954 debütierte er als Regisseur, danach folgten zahlreiche Kurzfilme und Spielfilme, die er später alle als "Müll" abtat. Doch 1964 gelang es ihm, Feuerpferde (1964), ein rhapsodisches Fest der ukrainischen Volkskultur, zu drehen, und die Welt entdeckte ein verblüffendes und eigenwilliges neues Talent. Es folgte die noch innovativere Die Farbe des Granatapfels (1969) (die die Kunst und Poesie seiner Heimat Armenien in einer Reihe von atemberaubend schönen Tableaus erforschte), aber zu diesem Zeitpunkt hatten die Behörden genug davon, und Paradjanov verbrachte den größten Teil der 1970er Jahre im Gefängnis unter fast sicher gefälschten Anklagen wegen "Homosexualität und illegalem Handel mit religiösen Ikonen". Mit der Perestroika gelang es ihm jedoch, Die Legende der Festung Suram (1985), Kerib, der Spielmann (1988) und Das Geständnis, das als Parajanov: Der letzte Frühling (1992) überlebt, zu drehen, bevor er 1990 an Krebs erkrankte.